Timmelsjoch 2019 – Zur längsten Eisdiele der Welt

Ungewöhnlich viel Schnee in diesem Jahr verzögert die Öffnung der Hochalpenstraße zwischen Österreich und Italien. Im Fernsehen berichten die lokalen Sender täglich von den Schneefräsen, die unermüdlich arbeiten, um den 2.509 Meter hohen Alpenpass so schnell wie möglich zu öffnen. Für den Rennradfahrer eine seltene Gelegenheit, unmittelbar nach der Öffnung des Passes zwischen meterhohen Schneewänden zu fahren.

Bis die „Längste Eisdiele der Welt“ erreicht ist, steht aber noch etwas Arbeit an. Schon das Klingeln des Weckers um 4.30 Uhr signalisiert einen eher ungewöhnlichen Urlaubstag.

St. Martin im Passeiertal auf italienischer Seite schläft noch. Die frühe Abfahrtszeit hat Gründe, denn erst um 7 Uhr öffnet das Timmelsjoch wegen der Nachtsperre für den motorisierten Verkehr. Je weniger Motorradkorsos, desto mehr Genuss, wobei einem mit Blick auf die Zahlen des Passo del Rombo (italienischer Name) das Lachen schnell vergeht:

Passhöhe 2.509 m – Höhenunterschied 1.903 m – 29 km Anstieg – Ø-Steigung 6,3 %

Kühl und verlassen schlängelt sich die Straße im Schatten entlang des Berghangs empor. Nur vereinzelt überholen Autos. Die Touristen sitzen vermutlich noch nicht mal am Frühstückstisch. Der Plan scheint aufzugehen, während sich die ersten Sonnenstrahlen ins Tal kämpfen. Es dauert noch etwas, bis die Vegetation karger wird und der erste Schnee am Straßenrand die alpine Zone ankündigt. Ein Steinadler zieht majestätisch seine Kreise, während ich mir die nächste Serpentine als Ziel setze. Der Tacho zeigt 1.857 m an. Lange dauert es nicht mehr, bis die ersten Murmeltier warnend pfeifen. Sie haben wohl auch den Greifvogel entdeckt.

Blicke auf das Navigationsgerät bedeuten zwangsläufig Rechenspiele im Kopf. Wie viele Höhenmeter noch? Wie lange brauche ich noch bis zur Passhöhe , wenn ich mit 13 km/h im Schnitt weiterfahre? Wird der nächste Kilometer noch härter? Tatsächlich ist das Timmelsjoch auf italienischer Seite im Finish eher gnädig. Ich rolle über die Passhöhe. Die nördliche Seite vom Timmelsjoch kurz vor der Grenze zu Österreich, die tagsüber wesentlich länger im Schatten liegt, bietet das, was sich jeder Rennradfahrer wenigstens einmal im Leben wünscht. Eine Bergankunft flankiert von meterhohen Schneewänden. Grazie, Passo del Rombo. Tu Regina delle nevi.

Facebook
Twitter
WhatsApp

Schreibe einen Kommentar

Kategorie auswählen

Neueste Kommentare