Gran Fondo Mont Ventoux

Welcher Radsportler kennt ihn nicht, den Giganten der Provence? Der Berg, an dem die Tour de France Geschichte schrieb, den Tom Simpson am 13.07.1967 während einer Etappe tragischerweise nicht überlebte und Chris Froome fast 50 Jahre später nach einem Sturz hoch joggte. Romain Bardet, der französische Profi hält laut Strava aktuell die Bestzeit mit unter einer Stunde. 21,2 Kilometer pure Quälerei bis auf 1.909 m Höhe. 

Um 7 Uhr stehe ich im Städtchen Vaison-la-Romaine, das für römische Ausgrabungen bekannt ist, im Startblock. Ein Meer in Türkis. Alle tragen die gleichen Trikots. Ein beeindruckendes Bild. Die Nervosität und Vorfreude ist zu spüren. Einige fahren die mit 78 Kilometern kürzere Strecke. Auf den Rest inklusive mir warten 135 Kilometer mit knapp 3.500 Höhenmetern. Der Mont Ventoux wird dabei einmal fast komplett umrundet, bis in Bedoin der Schlussanstieg als „Sahnehäubchen“ wartet. Bis dahin wollen aber bereits einige Pässe bezwungen werden, zum Beispiel der Col de L’Homme Mort (1.211 m). 

Bei traumhaftem Wetter passieren wir hübsche provenzalische Dörfer, etwa Brantes oder Montbrun-les-Bains. Bei den Anstiegen merke ich, dass viele der Teilnehmer auch nur mit Wasser kochen. In den flachen Passagen oder Abfahrten suche ich mir starke Gruppen und kann ein ordentliches Tempo mitgehen, immer im Hinterkopf, dass zum Schluss der härteste Brocken noch wartet. Und dann, nach der vorletzten Verpflegungsstation, ist es soweit. Allein der Gedanke, diesen Koloss mit Massen von Gleichgesinnten im Rahmen eines Radrennens in Angriff nehmen zu dürfen, treibt mir die Tränen in die Augen. Aber Zeit für Sentimentalität bleibt nicht. Schnell erhöht sich die Steigung auf 9 Prozent. Vor dieser Passage unterhalb des Chalet Reynard habe ich den größten Respekt, denn für fast 10 Kilometer wird die Steigung auf diesem Niveau bleiben. Vielleicht waren es am Fuße des Berges auch die Tränen der Vorahnung dieser Quälerei. Aber ich habe es mir so ausgesucht und jetzt heißt es: Zähne zusammenbeißen. 

Ab dem Chalet Reynard verschwindet der Wald und macht Platz für Sträucher und Büsche, ehe auch diese einer kargen Geröllwüste Platz machen. Fast immer treuer Begleiter ist der Wind, der von der falschen Seite wehend eine zusätzliche Hürde darstellen kann. Heute hält er sich jedoch zurück, so dass ich auf den letzten Metern zum Gipfel noch mal ein paar Plätze gutmachen kann. Gestandene Männer stehen am Straßenrand, geplagt von Krämpfen. Das bleibt mir glücklicherweise erspart. Das Frühjahrstraining war effektiv. Im Ziel lande ich auf Platz 622 von 1224 mit einer Zeit von 6:24:40. In meiner Altersklasse bedeutet das Platz 89. Zufrieden rolle ich auf einer rasanten Abfahrt zurück nach Vaison-la-Romaine, wo mein Mittagessen, kalte Getränke und das WM-Spiel von Deutschland auf mich warten.

Das tolle Video des Veranstalters gibt Euch einen schönen Eindruck vom Event, falls Ihr auch mal daran teilnehmen möchtet. Wer weiß? Vielleicht zusammen mit „Strampeln ohne Ampeln?“ Hier findet Ihr die Homepage von GF Mont Ventoux.

Facebook
Twitter
WhatsApp

Schreibe einen Kommentar

Kategorie auswählen

Neueste Kommentare