Col de Turini (1.607 m)

Blick auf Luceram

1.607 Meter. Der Col de Turini wirkt auf dem Papier wie der kleine Bruder der berühmten französischen Alpenpässe Col de Galibier, Izoard oder Bonette. Und doch ist er nicht zu unterschätzen, wenn man bedenkt, dass die heutige Fahrt auf Höhe des Meeresspiegels in Nizza startet. 1.607 Höhenmeter. Das entspricht der Höhendifferenz am Mont Ventoux ab Bedoin. Und mit 7,3 % durchschnittlicher Steigung auf den letzten 15 Kilometern wird den Beinen früh im Jahr viel abverlangt. Es ist ein Härtetest. Es ist April. Wie effizient war das Wintertraining? Der Col de Turini wird Antworten liefern. Und mehr. Es wird vielmehr eine denkwürdige Ausfahrt. Aber seht und lest selbst:

16 Grad zeigt mein Navi, als ich durch die Straßen von Nizza rolle. Die Armlinge protestieren, und so werden sie nach wenigen Kilometern herunter an die Handgelenke geschoben, während ich die Metropole der Cote d’Azur Richtung Norden verlasse. Das schöne an Nizza ist, dass die Straßen immer verschlafener werden, je weiter du dich von der Stadt entfernst. Im Dorf Saint-Jean la Rivière kommt mir für einen Moment der Gedanke, die Route zu ändern und nach La Madone d’Utelle zu fahren. Aber dieser Anstieg auf 1.174 Metern Höhe wird vielleicht Teil einer anderen Geschichte.

Spätestens in der Vesubie-Schlucht, die ich wenige Minuten später durchfahre, klopfe ich mir gedanklich auf die Schulter, dass ich die Pläne beibehalten habe, bis ich Lantosque erreicht habe, dem letzten Dorf vor dem Anstieg zum Col de Turini. Im Hintergrund liegt der Schnee wie Puderzucker auf den Bergen. Das Tal bildet die dazugehörige Torte und das Dorf La Bollène-Vésubie (siehe großes Foto unten) wirkt wie die Kirsche auf der Sahne . Nach wie vor zeigt mein Navi 16 Grad an. 

Der Anstieg ist alles andere als ein Sahnetörtchen. Landschaftlich schon, aber die 15 Kilometer, die nicht enden wollen, sind ein echter Test der Frühjahrsform. Neben mir immer mehr Schnee am Straßenrand, der ein bizarres Bild zu den frühlingshaften Temperaturen in Nizza abgibt. Ich erreiche den Pass. 3 Grad Celsius. Überschuhe? Habe ich an. Trikot und Baselayer? Habe ich an. Windjacke? Habe ich dabei. Nur die Hose und die Handschuhe sind kurz. Ein fataler Fehler. Nach 2 Cola in der Berghütte schieße ich den warmen Temperaturen im Tal sehnsüchtig entgegen. Das Problem ist nur, dass ich mit eiskalten Fingern kaum das Bremsen spüre. Trotzdem bleibt bei klappernden Zähnen ein wenig Zeit für den Genuss auf einer anspruchsvollen Abfahrt. Ich erlebe drei Jahreszeiten in 30 Minuten, nur sommerlich wird es zurück an der Küste heute auch nicht mehr. Und man mag es kaum glauben: Ich habe mir am Anstieg einen Sonnenbrand an den Oberschenkeln geholt. Apropos Oberschenkel: Das Training im Winter hat sich bezahlt gemacht.

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