Worringen – Perle am Rhein

Ich nehme einen tiefen Atemzug chemiegeschwängerter Luft und biege ab auf die „Cote de Bayer“, der herrlichen Strandpromenade von Worringen. Das Chemiewerk könnte sich auch mal als UNESCO-Welterbe anbieten, denke ich, als sich ein luftig locker und ganz in weiß gekleideter Opa – Typ Golfplatz-Legende – auf dem gemeinsamen Geh- und Radweg breit aufbaut. 

Ich bremse mein Rennrad auf moderate 15 km/h runter. „Können Sie nicht die Straße benutzen?“ Ich bin verwirrt und halte an. Er ergänzt: „Das ist ein Spaziergängerweg für normale Fahrräder.“ 

„Die Straßenverkehrsordnung unterscheidet nicht zwischen Rennrad und normalem Fahrrad. Was wollen Sie von mir?“ Opa läuft jetzt richtig heiß: „Ihr fahrt wie die Bekloppten. Ihr habt hier nichts auf dem Radweg verloren.“ Ich entgegne: „Gehen Sie noch mal beim Chemiewerk ganz tief inhalieren.“ Dann fahre ich weiter. 

So ist das dieser Tage in Deutschland. Autofahrer stören wir auf der Straße und Senioren auf dem gemeinsamen Geh- und Radweg. Abgeschafft gehört dieses Sportgerät. Alle verhaften, diese Heizer. Die Rennradfahrer sind die Schuldigen. Für den verregneten Sommer 2024, für den Anstieg der Straftaten in Deutschland, für die hohen Benzinpreise, das Artensterben und den kaputten Asphalt in Worringen. Die Stadt bewirbt sich doch lieber zusammen mit Köln für die „Goldene Fischfrikadelle“ als hässlichste Stadt am Rhein. Schon 1906 erkannte Düsseldorf übrigens den Stellenwert Worringens und widmete der Perle am Rhein in weiser Voraussicht den Worringer Platz, dem heutigen Drogen-Hotspot der Landeshauptstadt.

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