Klingt erst mal ganz schön trendy. Ich muss gestehen, dass ich bis vor einer Woche keine Ahnung hatte, was das sein soll. Ich hätte auf Radwege getippt, auf denen Künstler etwas Kreatives malen oder sprayen. Vielleicht liege ich ja auch gar nicht so falsch. Aber der Reihe nach:
Letzte Woche Mittwoch fahre ich über die Rotterdamer Straße und wundere mich, weshalb da plötzlich Hunderte von diesen rot-weißen (ole!) Warnbaken stehen. Ich dachte eigentlich, das komplette Reservoir dieses Albtraums eines jeden Autobahnnutzers sei auf der A1 an der Leverkusener Brücke verbaut. Vor meinen Augen zeichnet sich schon der Mannschaftsbus der Fortuna ab, der flankiert von rot-weißen Warnbaken nach dem Gewinn der Relegation 2020 den Klassenerhalt in Coronazeiten auf dem Prachtboulevard „Rotterdamer Straße“ feiert, aber ich schweife ab.
Nein, die Stadt baut einen Radweg, aber einen Flop-Up, Verzeihung, Pop-Up-Radweg. Und dafür wurden aus den hintersten Winkeln der Vorratslager höchst vorsorglich hunderte Warnbaken organisiert.
Vor mir entdecke ich einen orangefarbenen Wagen der Stadt. In liebevoller Kleinstarbeit malen Künstler – oder sind es Bauarbeiter? – stylische Drahtesel und Pfeile in peppigem Orange auf den Asphalt. An Farbe wird nicht gegeizt. Immerhin muss das „Artwork“ ja – und jetzt festhalten – bis nach den Sommerferien halten. Denn Ende August soll der kostspielige Flop-Up-Radweg, der übrigens parallel zu zwei bereits vorhandenen Radwegen angelegt wird, wieder verschwinden. Super Sache, denkt sich da bestimmt der naive Steuerzahler.
Ein Pop-Up-Radweg wird laut Wikipedia übrigens auch Corona-Radweg genannt. Aha, das ist ja interessant. Um vor Corona zu schützen oder um sich leichter mit dem Virus zu infizieren? Eher Letzteres, tippe ich, als mir ein Rentner mit seinem Pedelec entgegenkommt und herzhaft in den Fahrtwind schnäuzt.
So um die 70.000 EUR soll der „Fahrspaß auf Zeit“ gekostet haben. Ohne die zahlreichen Nachbesserungen wie beispielsweise mobile Ampeln. Kleine Zebrastreifen für Fußgänger wären aber auch zu viel des guten Orange auf der Straße gewesen. Ich frage mich, was man mit 70.000 EUR in 10 Wochen so anstellen könnte und erwische mich in Gedanken am Strand von Bora Bora mit einer frischen Kokosmilch und einer Südsee-Schönheit im Arm, als ich von einem Kleinkind jäh aus dem Traum in die Wirklichkeit zurückgeklingelt werde. „Sorry, Kleiner! Mein Fehler! Ist ja auch Deine Protected Bike Lane,“ wie man so schön neudeutsch sagt. „Sehen uns an der nächsten Ampel,“ werfe ich noch hinterher.
Vielleicht schreibe ich Herrn Oberbürgermeister mal und schwärme vom Strampeln ohne Ampeln. Für 250 EUR könnte man bestimmt die Grünphasen an den Ampeln im Medienhafen vor dem Kino neu einstellen. Dann müssten die Pendler auf zwei Rädern, zu denen ich auch bald zähle, nicht in etwa die Zeit an roten Ampeln vertrödeln, die sie für den gesamten Deichabschnitt Volmerswerth-Hamm benötigen. Die Holländer haben dazu Kontaktampeln für Radfahrer erfunden und lachen sich über den Pop-Up-Fietspad vermutlich seekrank.
Und von dem Rest des Geldes? Vor dem Rheinpark verläuft ein im Sommer so wunderbar staubender Schotterweg, sogar ganz in der Nähe. Da würde mir auch eine ganze Menge zu einfallen, aber ich steuere bereits auf ein viel größeres Problem zu. Der Altstadt und Rheinpromenade. Da gibt es zwar einen breiten Radweg, aber das versteht kein Tourist. Felix Neureuther wäre begeistert, wenn er sähe, wie ich den Slalom-Parcour bravourös meistere. Die Fahrradsymbole, die vor zirka einem Jahr in edlem weiß aufgemalt wurden, sind dort übrigens fast völlig verblasst. Pop-Art, Pop-Up, Flop-Akt? Ist doch auch egal, Hauptsache peppig-poppiges Corona-Radeln.
(Diese Kolumne entstand Mitte Juni 2020. Anschließend wurden deutliche Nachbesserungen am Radweg vorgenommen)