Pyrenäen mit dem Rennrad – Etappe 3 (Die Anfahrt)

Alles im Lot, nichts am Limit

Die Auvergne war nur Zwischenstation auf dem Weg in den Süden Frankreichs. Im Gegensatz zur Stadt Issoire habe ich kein konkretes Ziel. 

Weinenden Auges blicke ich im Rückspiegel auf die Monts du Cantal. die mit einem Kreis von zirka 80 km Durchmesser als größter Stratovulkan Europas eingeordnet wurden. „Grand Site de France“ stand gerade auf dem braunen Schild am Straßenrand. „En bonne condition“ fehlt auf der Tafel nach meiner Trainingspause im Juli. Es geht weiter. Innerlich sieht es für einen kurzen Moment explosiv aus. 

Ich pausiere eine Stunde später mit Gewissensbissen in Figeac, einem gemütlichen Ort am Fluss Célé mit etwa 10.000 Einwohnern und einem beeindruckenden historischen Stadtkern. Gefühltes Mittelalter, wären da nicht hier und da Cafés, Restaurants und Geschäfte. Ich bleibe, weil es mir einfach gut gefällt. Drei Tage Zwischenstopp, dann stehen die Pyrenäen auf dem Speisezettel. 

Ich tausche vier Räder gegen zwei und begebe mich am nächsten Morgen auf eine kleine Reise ins Mittelalter. Jedes Dorf leistet dabei seinen eigenen bescheidenen Beitrag. Hervorzuheben sind insbesondere die Dörfer Faycelles, Cajarc und natürlich Saint-Cirq-Lapopie. Letzteres ist zwar schwer auszusprechen, gehört aber zu den schönsten Frankreichs und ist entsprechend bildhübsch. Fast bedauerlich, dass ich mit den Radschuhen wegen Sturzgefahr nicht in die steilen Gässchen eintauchen kann. Bestimmt hätte ein Troubadour daran Gefallen gefunden, die Tour de Flönz 2022 mit einem Lied zu huldigen. Ich hätte ihm wohl auch von dem Reh erzählt, das auf dem Feld anerkennend nickte und dann mit einem gewaltigen Sprung Reißaus ins Maisfeld nahm. Oder von dem Cola-Automaten, der bei 31 Grad 2,50 Euro schluckte und nichts lieferte außer kalten Atem. 

Das Relief ist weit entfernt von den höchsten Bergen der Auvergne. Eher lieblich kommen die Täler des Célé und des Lot daher mit Anstiegen bis maximal 400 Metern. Hier und da kommen Erinnerungen an das Bergische Land auf, allerdings mit wesentlich mehr Romantik, Ruhe und Historie. Autos sind Mangelware, Sprockhövel futuristisch. 

Nach 112 Kilometern endet die kleine Zeitreise entlang eines wunderschönen Flusstals. Okzitanien nennt sich die herrliche Region im Südenwesten Frankreichs. Schön, hier noch Zeit für eine weitere Etappe auf der Fahrt in die Pyrenäen zu haben. Ein Gaukler in Figeac kommt des Weges und entreißt mir Feder und Tinte, womit diese Geschichte endet.

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